Anfang der 2000er habe ich für mich Pilates entdeckt. Von Tag 1 an war das MEINE Methode! Vieles erinnerte mich einfach an meine Ballettzeit: eine gewisse Strenge, Regeln (auch wie man sich im Studio und mit den Geräten verhält), Respekt, Tradition, Routine, Regelmaß, Ästhetik. Es war ein Rahmen, der Sicherheit bot, in dem man sich entwickeln und physisch nochmal anders entdecken und herausfordern konnte.

Was mich aber von Anfang an stutzig gemacht hat, war der Satz in meiner Ausbildung: „Wir weisen den Beckenboden nicht extra an! Er ist eh immer dabei“. JA. Aber WIE ist er dabei?

Ich hatte damals nur eine vage Vorstellung vom Beckenboden. Und dann ist man in den Ausbildungsjahren und in den ersten Jahren, in denen man die Methode authentisch vermitteln möchte, mit so vielen anderen Dingen beschäftigt: die Integrität der Methode beibehalten, quasi ein Erbe fortführen, Stunden unterrichten, sich auf die einzelnen Kunden einlassen, sie in ihrem Training begleiten und weiterbringen.

Erst mit der Zeit, wenn sich eine gewisse Routine beginnt einzustellen, fängt man an, nach und nach „out of the box“ zu denken und auch Dinge aus der Ausbildung zu hinterfragen.

Und dieser Beckenboden-Spruch ist mir nie aus dem Kopf gegangen.

Mit meiner Bewegungspädagogik Ausbildung hat sich dann mein Unterrichten, mein Blick und Umgang mit meinem eigenen Körper und das Lesen der anderen Körper noch einmal komplett verändert.

Funktionen verstehen und vermitteln.
Wahrnehmen und Zeit zum Nachspüren.
Leichtigkeit.
Spielerisches.
Vertrauen in den Moment.

Das Becken hatte in dieser Ausbildung einen ganz zentralen Raum. Und das hat mich einfach gepackt!

Über das Becken kann man alles regeln. Es ist einfach der zentrale Dreh- und Angelpunkt für Haltung und Wohlbefinden.
Hüftgelenke, bewegliches Becken – das ist gleichzeitig komplex und so logisch!

Und dann packt man die Muskeln dazu!

Beim Beckenbodenmodul in meinem 2. Lehrjahr dachte ich nur: wie cool ist das denn? Wie klar nachvollziehbar und wie simpel eigentlich – zumindest im Spüren und Ansteuern.

Dann im 3. Lehrjahr die Organe. Männliches und weibliches Reproduktionssystem verkörpern. Es war einfach faszinierend und zu keinem Moment merkwürdig oder peinlich!

Ich bin unserer Lehrerin, Laura Hames Franklin so dankbar, dass sie sich in dieser Ausführlichkeit so sehr für diese Inhalte eingesetzt hat.
Es war ein ganz besonders prägendes Lehrjahr, das mir sehr dabei geholfen hat, meine Schwerpunkte für mich in ihrer Deutlichkeit zu sehen und zu formulieren!

Jetzt darf ich meine Begeisterung für den Schwerpunkt „Kraft- und Bewegungszentrum Becken“ weitergeben.

Nicht nur um meiner Begeisterung willen, sondern weil ich den Eindruck habe, dass rund um die Themen Becken, Beckenboden, Beckenorgane einiges im Nebel liegt und oft (erst) über Beschwerden angesprochen wird, was dann sehr belastend sein kann.

Gerade bei Befindlichkeitsstörungen im Bereich Becken und Beckenbodengesundheit greift man zu kurz, wenn man die beeinflussenden Strukturen und Faktoren (Stichwort: Mechanik des Beckens, Haltung, Atmung) außen vor lässt. Dafür verzahnen sich hier zu viele Dinge, wie man in Sektionskursen ganz eindrücklich sieht: Bauch, Beine, Gesäß, Rücken, Atmung. Über das Muskel-/Fasziensystem sind diese miteinander verbunden und treffen im Beckenboden aufeinander.

Das sollten wir nutzen, wenn wir in und mit diesem Bereich arbeiten, denn diese Strukturen unterstützen uns dabei, z.B. dem Beckenboden zusätzlichen Halt zu geben und ihn zu entlasten!

Das ist komplex. Ja. ABER Komplexität muss nicht kompliziert sein 😊